Worum geht es?
Eine als gemeinnützig anerkannte Gesellschaft des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) betreibt mit rund 380 Beschäftigten Rettungswachen mit Einsatzfahrzeugen. Vorrangig ist sie für die Notfallrettung und die qualifizierte Krankenbeförderung verantwortlich. Im Unternehmen existiert ein Gesamtbetriebsrat, der einen Wirtschaftsausschusses bildete. Die Arbeitgeberin war damit nicht einverstanden. Sie argumentierte, dass ihr Unternehmen ausschließlich karitativen Bestimmungen diene und deshalb der Tendenzschutz aus § 118 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG greife. Eine Anwendung der Vorschriften des BetrVG sei damit ausgeschlossen und die Bildung des Wirtschaftsausschusses vonseiten des Gesamtbetriebsrats sei damit unwirksam. Das Gremium war anderer Meinung und zog vor Gericht. Die gesellschaftsvertraglich vorgesehene Möglichkeit einer Gewinnentnahme stehe der karitativen Bestimmung entgegen.
Das sagt das Gericht
Das Gericht gab dem Gesamtbetriebsrat recht.
Die Arbeitgeberin sei zwar gemeinnützig anerkannt, übe aber keinen uneingeschränkt karitativen Zweck im Sinne von § 118 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG aus, da sie mittelbar Gewinne an ihren Gesellschafter (DRK-Kreisverband) weiterleiten könne. Gemessen daran sei sie kein Tendenzunternehmen, sodass der sogenannte Tendenzschutz nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG hier nicht greife. § 106 Abs. 1 Satz 1 BetrVG, der die Bildung eines Wirtschaftsausschusses in Unternehmen mit mehr als 100 Beschäftigten vorsehe, sei somit hier anwendbar.
LAG Niedersachsen, Beschluss vom 04.03.2025, Az.:10 TaBV 56/24
Das bedeutet für Sie
Der in § 118 Abs. 1 BetrVG geregelte Tendenzschutz besagt, dass in Tendenzbetrieben die Vorschriften des BetrVG ganz oder teilweise nicht gelten. So entfallen sämtliche Regelungen zum Wirtschaftsausschuss, §§ 106 ff. BetrVG. Ein Tendenzbetrieb verfolgt einen ideellen Auftrag und nicht vorrangig eine Gewinnerzielung. Tendenzbetriebe dienen einem karitativen (z.B. Sozialorganisationen), kulturellen (z.B. Theater), politischen (z.B. politische Bildungseinrichtungen) oder weltanschaulichen (z.B. Kirchen) Zweck.