Worum geht es?
In einer Filiale einer bundesweit tätigen Baumarktkette galt eine Betriebsvereinbarung zur „Arbeitszeit und Dienstplangestaltung nach § 87 Abs. 1 Ziffer 2 und 3 BetrVG“. Darin waren u. a. der Beginn und das Ende der Arbeitszeit sowie der Pausenzeiten geregelt. Zudem war festgelegt, dass ein Dienstplan grundsätzlich für sechs Wochen auf der Basis eines rotierenden Schichtplansystems von der Arbeitgeberin erstellt werden sollte.
Der Dienstplan sollte dann an den Betriebsrat weitergeleitet werden, der innerhalb einer Woche zustimmen oder ihn ablehnen konnte. Die Betriebsvereinbarung enthielt auch eine Regelung zum Schichtende aus besonderem Anlass. Danach konnte das Arbeitsende ohne Zustimmung des Betriebsrats um bis zu 15 Minuten verlängert werden, wenn dies zur abschließenden Beratung oder Bedienung von Kunden im Verkauf oder Kassenabschluss notwendig war.
Der Betriebsrat stellte fest, dass die tatsächlich geleistete Arbeitszeit bei mehreren Beschäftigten um mehr als 15 Minuten von den genehmigten Dienstplänen abwich. Er beantragte deshalb, die Arbeitgeberin gerichtlich zu verpflichten, es künftig zu unterlassen, vom vereinbarten Personaleinsatzplan abzuweichen. Die Arbeitgeberin entgegnete, dass es sich um eigenmächtige, kurzfristige Überschreitungen der geplanten Arbeitszeit ohne ihre Kenntnis gehandelt habe. Sie habe die betroffenen Beschäftigten auf die geltende Betriebsvereinbarung hingewiesen. Der Betriebsrat beantragte zudem, der Arbeitgeberin ein Ordnungsgeld in Höhe von 10.000 € für den Fall anzudrohen, dass sie weiterhin von den vereinbarten Plänen abweichen sollte.
Das sagt das Gericht
Das Gericht gab der Unterlassungsklage und dem Ordnungsgeldantrag des Betriebsrats statt. Der Anspruch auf Unterlassung ergebe sich aus § 77 Abs. 1 BetrVG. Darin sei eine Durchführungspflicht für Betriebsvereinbarungen geregelt, die zugleich einen Unterlassungsanspruch begründe. Inhalt dieses Anspruches sei zum einen, dass die Arbeitgeberin selbst nicht gegen die Betriebsvereinbarung verstoßen dürfe. Zum müsse sie dafür Sorge tragen, dass sich die Beschäftigten an die Regelungen der Betriebsvereinbarung hielten. Dazu zähle, alles Mögliche und Zumutbare zu unternehmen, um Verstöße gegen die Betriebsvereinbarung zu verhindern.
Ein lapidarer Hinweis auf die gültige Betriebsvereinbarung wie im Streitfall genüge hierfür nicht.
LAG Hamm, Beschluss vom 08.08.2017, Az.: 7 TaBV 33/17
Das bedeutet für Sie
Als engagiertes Betriebsratsmitglied wissen Sie, dass Sie und Ihre Betriebsratskolleginnen und -kollegen bei Arbeitszeitfragen ein weitreichendes Mitbestimmungsrecht haben. Gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG bestimmen Sie bei der Festlegung der Arbeitszeiten mit. Darunter fällt auch die Erstellung von Dienstplänen. Nur in Notfällen kann der Arbeitgeber Dienstpläne eigenständig ändern. Bei den Arbeitszeitabweichungen im Ausgangsfall handelte es sich nicht um einen Notfall. Denn ein mitbestimmungsfreier Notfall liegt nur bei Naturkatastrophen oder sonstigen Unfällen vor (BAG, Beschluss vom 29.09.2004, Az.: 1 ABR 29/03). Eilfälle hingegen sind immer mitbestimmungspflichtig.