Urteil
/ 12. Mai 2025

Note „gut“: Arbeitnehmer muss überdurchschnittliche Leistung beweisen

Wer von seinem Arbeitgeber eine durchschnittliche Leistung im Arbeitszeugnis bescheinigt bekommt und damit nicht zufrieden ist, muss Tatsachen vorbringen und beweisen, die eine überdurchschnittliche Leistung rechtfertigen. Ansonsten hat eine Zeugnisberichtigungsklage keine Aussicht auf Erfolg.

Worum geht es?

Ein als Schulbegleiter tätiger Arbeitnehmer erhielt nach seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis ein Arbeitszeugnis, das u. a. folgenden Inhalt hatte:

„Herr … zeichnete sich in seinem Arbeitsfeld durch Engagement, Eigeninitiative und Fleiß aus. Er hat das ihm anvertraute Kind in dessen Persönlichkeitsentwicklung gestärkt und arbeitete erfolgreich an den Zielen des Jugendamtes. Er motivierte das ihm anvertraute Kind. Herr … erfüllte seine Aufgaben in der Integrationshilfe immer selbständig, sorgfältig und stets zu unserer Zufriedenheit.“

Der Arbeitnehmer meinte, dass er die Zeugnisnote „gut“ beanspruchen könne und klagte entsprechend auf Zeugnisberichtigung. Anstelle von „stets zu unserer Zufriedenheit“ müsse es „zu unserer vollen Zufriedenheit“ heißen. Es sei ihm gelungen, die Hilfepläne für den Jungen vollumfänglich umzusetzen. Im Übrigen könne er die Bewertung „zu unserer vollen Zufriedenheit“ bereits deshalb verlangen, weil eine gute Leistung eben dem Durchschnitt entspreche.

Die Arbeitgeberin entgegnete, dass der Arbeitnehmer aus pädagogischer Sicht mit der Betreuung des Kindes überfordert gewesen sei.

Das sagt das Gericht

Das Gericht wies die Klage ab.

Aus dem Gesetz ergebe sich kein Anspruch auf ein gutes oder sehr gutes Zeugnis, sondern nur ein Anspruch auf ein leistungsgerechtes Zeugnis. Erteile der Arbeitgeber ein Zeugnis, das eine durchschnittliche (befriedigende) Leistung bescheinige, trage der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast für die Tatsachen, die eine überdurchschnittliche Beurteilung rechtfertigen sollen.

Im Streitfall habe der Arbeitnehmer nicht dargelegt, dass er im Hinblick auf Leistung und Verhalten während des rund zweieinhalb Jahre dauernden Arbeitsverhältnisses besser als ein durchschnittlicher Schulbegleiter gewesen sei. Er habe zwar durchaus Erfolge im Hinblick auf die Hilfeziele erreicht, was ihm die Arbeitgeberin in dem Zeugnis bescheinigt habe („arbeitete erfolgreich an den Zielen des Jugendamtes“). Ob ein anderer Schulbegleiter mit einem durchschnittlichen Leistungsvermögen diese Erfolge nicht oder nicht in dieser Zeit erzielt hätte, lasse sich daraus jedoch nicht entnehmen.

LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 02.07.2024, Az.: 5 Sa 108/23

Das bedeutet für Sie

Gemäß § 109 Abs. 1 GewO (Gewerbeordnung) hat ein Arbeitnehmer bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis, das mindestens Angaben zur Art und Dauer der Tätigkeit (einfaches Zeugnis) enthalten muss.

Verlangt er ein qualifiziertes Zeugnis, müssen sich die Angaben auch auf die Leistung und das Verhalten im Arbeitsverhältnis erstrecken. Die Beurteilung von Leistung und Verhalten im Rahmen eines qualifizierten Zeugnisses muss klar und verständlich sein und darf keine versteckten Aussagen enthalten. Der Arbeitgeber hat einen Beurteilungsspielraum und muss das Zeugnis wohlwollend und wahrheitsgemäß formulieren. Die Formulierungen „stets zur Zufriedenheit“ oder „zur vollen Zufriedenheit“ sind austauschbar und entsprechen regelmäßig einer durchschnittlichen Bewertung.

Betriebsrat hat kein Beteiligungsrecht beim Thema Arbeitszeugnis

Der Betriebsrat als Gremium hat in Sachen Arbeitszeugnis kein Beteiligungsrecht. Die Betriebsratsmitglieder fungieren aufgrund ihrer Funktion als Interessenvertreter aber als wichtige Ansprechpartner in sämtlichen Fragen das Thema Arbeitszeugnis betreffend.

Merken Sie sich vor diesem Hintergrund Folgendes: Erteilt der Arbeitgeber ein durchschnittliches Zeugnis (Note drei), so muss ein Arbeitnehmer, der ein besseres Zeugnis möchte, Tatsachen vortragen und beweisen, die eine überdurchschnittliche Beurteilung rechtfertigen sollen.

Will der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer eine nur ausreichende (Note vier) oder noch schlechtere Leistung bescheinigen, so unterliegt er der Darlegungs- und Beweislast für die unterdurchschnittliche Leistung.

Daniel Roth

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