Worum geht es?
In einem konzernangehörigen Klinikbetrieb mit rund 2.500 Beschäftigten hatten der örtliche Betriebsrat und die Arbeitgeberin erfolglos über eine Betriebsvereinbarung zum Ausfallmanagement verhandelt. Die daraufhin eingesetzte Einigungsstelle beschloss nach zähen Verhandlungen schließlich eine Betriebsvereinbarung „Ausfallmanagement“. Nur drei Tage später beschloss der 19-köpfige Betriebsrat, den Spruch der Einigungsstelle anzufechten. Er beantragte, die Arbeitgeberin per einstweiliger Verfügung zu verpflichten, die Umsetzung des Einigungsstellenspruches zu unterlassen, bis über dessen Rechtmäßigkeit entschieden sei.
Das sagt das Gericht
Das Gericht wies den Antrag ab.
Die Anrufung des Arbeitsgerichts wegen Überschreitung der Grenzen des Ermessens der Einigungsstelle nach § 76 Abs. 5 Satz 4 BetrVG habe keine aufschiebende Wirkung in Bezug auf die Geltung des Spruches der Einigungsstelle. Dieser sei vielmehr für Arbeitgeber und Betriebsrat bis zur Feststellung der Unwirksamkeit des Beschlusses verbindlich und müsse ausgeführt werden. Insoweit sei dem Durchführungsanspruch aus § 77 Abs. 1 Satz 1 BetrVG Vorrang einzuräumen, zumal die Entscheidung einer Einigungsstelle am Schluss eines gesetzlich geregelten Mitbestimmungsverfahrens stehe. Es gehe also nicht um die Vereitelung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats. Nur bei besonders krassen und offensichtlichen Rechtsverstößen könne der Vollzug eines Einigungsstellenspruches im Wege der einstweiligen Verfügung vorläufig ausgesetzt werden. Ein solcher Verstoß habe hier nicht vorgelegen.
ArbG Gera, Beschluss vom 13.01.2025, Az.: 1 BVGa 5/24
Das bedeutet für Sie
Bei Zweifeln an der Rechtmäßigkeit eines Einigungsstellenspruches können die Betriebsparteien eine einstweilige Verfügung beantragen, um den Spruch vorläufig außer Vollzug zu setzen. Die Hürden für eine solche aufschiebende Wirkung sind jedoch hoch.
Voraussetzung ist das Vorliegen eines offensichtlichen und gravierenden Rechtsverstoßes. Die Gerichte sind bei der Annahme eines solchen Rechtsverstoßes zurückhaltend, da sie die Tarif- und Betriebsautonomie nicht leichtfertig durch einstweiligen Rechtsschutz unterbrechen wollen.