Urteil
/ 12. Februar 2025

Streitfall Betriebsratsschulung: Wichtige Tipps zur Konfliktlösung

Dass es zwischen den Betriebsparteien zu Konflikten kommt, liegt in der Natur der Sache. Auseinandersetzungen in der Sache gehören zum betrieblichen Alltag. Eine Meinungsverschiedenheit über die Notwendigkeit einer Betriebsratsschulung sollte sich trotz der unterschiedlichen Interessenlagen jedoch nicht zu einem Nebenkriegsschauplatz entwickeln.

Verweigerungshaltung als „Quittung“ für vergangenes Verhalten

Die Freude des Arbeitgebers über die Ankündigung einer bevorstehenden Betriebsratsschulung hält sich üblicherweise in Grenzen. Hintergrund ist die in der Regel nicht unerhebliche Kostenlast, die eine Schulung verursacht. Vielen Geschäftsleitungen ist es ein Dorn im Auge, dass sich Betriebsratsmitglieder bei mehrtägigen Seminaren „auf Betriebskosten eine bezahlte Auszeit nehmen und sich dazu noch Wissen aneignen, das ihnen bei Auseinandersetzungen mit dem Arbeitgeber nützt“. Doch nicht nur das Kostenargument spielt eine Rolle. Bisweilen stellt sich die ablehnende Haltung des Arbeitgebers als Retourkutsche für ein aus seiner Sicht unliebsames Verhalten des Betriebsrats heraus, z. B. in Form einer in der Vergangenheit „aufgezwungenen“ Betriebsvereinbarung. Die Verweigerungshaltung drückt der Arbeitgeber z. B. aus, indem er

  • die Erforderlichkeit der Betriebsratsschulung infrage stellt,
  • dem für die Schulung vorgesehenen Betriebsratsmitglied mit arbeitsrechtlichen Sanktionen droht (z. B. Abmahnung),
  • sich weigert, dem Betriebsratsmitglied für die Dauer des Seminars den Lohn fortzuzahlen oder
  • den Betriebsrat auf den Seminarkosten sitzen lässt.

So nimmt der Betriebsrat einen zweiten Anlauf

Der Betriebsrat kann einen innerbetrieblichen Klärungsversuch unternehmen, indem er den Arbeitgeber in einem zweiten Anlauf argumentativ davon überzeugt, dass die Schulungsveranstaltung für das Gremium erforderlich ist. Hierfür genügt es nicht, den Arbeitgeber lediglich über die Inhalte der Veranstaltung, deren zeitliche Lage sowie die Schulungsteilnehmer zu informieren. Entscheidend ist vielmehr, dem Arbeitgeber eine stichhaltige schriftliche Begründung für die Notwendigkeit der Schulung zu liefern. So könnte ein zweiter Anlauf aussehen:

1. Erneute Beratung und Entscheidung über die Erforderlichkeit der Seminarteilnahme

2. Auseinandersetzung mit den Einwänden des Arbeitgebers hinsichtlich der Erforderlichkeit

3. Erneute Beschlussfassung über die Seminarteilnahme

4. Information des Arbeitgebers mit ausführlicher schriftlicher Begründung der Erforderlichkeit

Ist der Arbeitgeber von der Argumentation des Betriebsrats überzeugt, gibt er seine ablehnende Haltung in der Regel auf. Schaltet er weiterhin auf stur, so war der zweite Anlauf des Betriebsrats dennoch nicht umsonst. Denn in einer etwaigen gerichtlichen Auseinandersetzung kann ihm der innerbetriebliche Klärungsversuch unter Umständen positiv angerechnet werden.

Bei Vorliegen der Voraussetzungen für den Schulungsanspruch aus § 37 Abs. 6 BetrVG (vgl. Checkliste „Voraussetzungen für einen Anspruch auf Teilnahme eines Betriebsratsmitgliedes an einem Seminar gemäß § 37 Abs. 6 BetrVG“) sind die Erfolgsaussichten einer Klage gegen den Arbeitgeber sowohl für den Betriebsrat als auch für das betroffene Betriebsratsmitglied zwar sehr gut. Eine absolute Sicherheit gibt es aber nicht. Auch ist nicht mit einer zügigen Klärung der Streitigkeit durch das zuständige Arbeitsgericht zu rechnen. Aufgrund der erfahrungsgemäß eher langen Verfahrensdauer fällt die rechtskräftige Entscheidung in der Regel zu einem Zeitpunkt, zu dem die Schulung bereits beendet ist. Vor diesem Hintergrund ist es anzuraten, den Konflikt möglichst innerbetrieblich zu lösen.

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