Worum geht es?
In einem Betrieb informierte der Arbeitgeber die Belegschaft per Aushang darüber, dass alle arbeitswilligen Beschäftigten bei einem zu erwartenden Streik eine Prämie in Höhe von 250 Euro erhalten sollten. Der Betriebsrat meinte, er habe bei der Verteilung einer Streikbruchprämie ein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG und beantragte deshalb die Einsetzung einer Einigungsstelle. Der Arbeitgeber entgegnete, die Einigungsstelle sei offensichtlich unzuständig, weil der Betriebsrat hier nicht mitzubestimmen habe.
Das sagt das Gericht
Das Gericht erklärte die Einigungsstelle für offensichtlich unzuständig. Der Betriebsrat habe bei der Festlegung der Verteilungsgrundsätze für vom Arbeitgeber ausgezahlte Prämien kein Mitbestimmungsrecht, wenn es sich dabei – wie hier – um ein Arbeitskampfmittel in Form von Streikbruchprämien handele. Stünden wie im Streitfall Arbeitsniederlegungen unmittelbar bevor, könne es gerechtfertigt sein, die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bei geschützten Arbeitskampfmaßnahmen einzuschränken. Durch den Eingriff in das Kampfgeschehen würde der Betriebsrat zwangsläufig gegen die Neutralitätspflicht aus § 74 Abs. 2 Satz 1 BetrVG verstoßen. Müsste der Arbeitgeber vor dem Erteilen einer Gesamtzusage über Streikbruchprämien mit dem Betriebsrat Verhandlungen über Verteilungsgrundsätze führen, würde seine Kampffähigkeit unmittelbar tangiert werden.
LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 30.10.2024, Az.: 21 TaBV 8/24
Das bedeutet für Sie
Hier kann man auch anderer Meinung sein. Denn grundsätzlich gilt, dass die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist, wenn zu einer Rechtsfrage eine ständige höchstrichterliche Rechtsprechung vorliegt, die ein Mitbestimmungsrecht verneint. Da zu der Frage, ob Streikbruchprämien mitbestimmungspflichtig sind, keine höchstrichterliche Rechtsprechung vorliegt, bejahte das LAG München die Einsetzung einer Einigungsstelle in einem ähnlichen Fall (Beschluss vom 09.12.2020, Az.: 11 TaBV 71/20). Um hier für Rechtsklarheit zu sorgen, muss das BAG entscheiden.